Dienstag, 29. Januar 2013

4 - Erste Eindrücke und ein Denkfehler


Dienstag, der 29.1.2013
(von Horst-G. Lippold)


Mittlerweile sind wir schon den dritten Tag in Brasilien und während ich diese Zeilen schreibe, sitzen wir im Bus, der uns von Saõ Paulo nach Taubaté zu unserem Besuch bei Volkswagen do Brasil bringt. Mir gehen viele Gedanken durch den Kopf und ich möchte meine ersten Eindrücke vom Land jetzt festhalten, weil diese ähnlich wie der erste Geruch nach Pinienwäldern, Strand und Sonne im Urlaub nie mehr so unverfälscht und voller Staunen sein werden wie in unseren ersten Tagen in Brasilien.

Als erstes war ich erstaunt über das altmodische Ambiente des internationalen Flughafens in Saõ Paulo, der so ganz anders gewachsen ist als die neuen supermodernen Flughäfen in Asien.

Das Wetter in Saõ Paulo ist für uns unerwartet und laut Auskunft unserer brasilianischen Gastgeber ungewöhnlich kalt und erinnert zum Teil eher an einen norddeutschen Frühherbst; einige  von uns sind dementsprechend auch schon erkältet. Ich habe so etwas mittlerweile mehrfach bei vorangegangenen Studienreisen z.B. in Taipei erlebt und wenn das die ersten Anzeichen der weltweiten Klimaveränderung sind, dann Gnade uns Gott.

Das Land insgesamt und die Straßen in Saõ Paulo sind auffallend sauber und am Erbe des Mutterlandes Portugal und den diesbezüglich eher nachlässigen Portugiesen kann das nicht liegen. Niemand bzw. extrem selten werfen Menschen ihren Abfall auf die Straße und auch Zigarettenkippen werden grundsätzlich in überall bereitstehende Aschenbecher bzw. Müllbehälter geworfen. Hier könnten sich die Menschen zuhause in Köln sicherlich mehr als eine Scheibe abschneiden, denn gerade Köln ist nach meinem Verständnis eine sehr schmutzige Stadt. Selbst die Autos in Saõ Paulo sind zwar vergleichsweise klein, aber meist gepflegt und neuere Modelle.

Man kann den wirtschaftlichen Aufbruch und die schnelle Entwicklung des Landes deutlich spüren und ich nehme an, dass Brasilien Deutschland wirtschaftlich irgendwann überholen wird. Abendliche Fortbildung und berufsbegleitende Studiengänge scheinen vollkommen normal zu sein.

Es gibt vielerorts sehr gutaussehende Menschen, wobei mir persönlich natürlich eher die vielen hübschen Brasilianerinnen auffallen. Ich nehme an, dass es in den Unternehmen manchmal nicht leicht ist, sich nicht ablenken zu lassen davon. Insgesamt sind die Menschen überwiegend fröhlich, optimistisch und sehr freundlich und wir hatten nirgendwo ein Gefühl der Bedrohung.

In Brasilien heißt es nicht umsonst „tudo bem“ (= alles gut oder  bestens) und auch wenn wir als Kölner in der Heimat tendenziell ähnlich wahrgenommen werden, wäre das ein prima Exportartikel nach Deutschland.

Das Preisniveau speziell in Saõ Paulo hat uns allerdings schockiert und die Lebenshaltungskosten sind mindestens so hoch oder sogar höher als in Köln. Obwohl es offensichtlich viele gutverdienende Paulistas gibt, frage ich mich doch, wie die Masse der Bevölkerung mit vergleichsweise geringerem Einkommen ihren Lebensunterhalt bestreitet. Ein unangenehmer Nebeneffekt für uns ist, dass wir uns sehr anstrengen müssen, die Kosten für unsere Studienfahrt im erträglichen Rahmen zu halten.

Kurz und gut: meine sehr positiven Eindrücke erfüllen meine hohe Erwartungen an unsere Brasilienreise mühelos.

Ein Denkfehler ist mir allerdings leider auch passiert bei der Organisation von zwei Firmenbesuchen in Saõ Paulo. Es gibt eine Stadt Saõ Paulo und der Bundesststaat heißt ebenfalls Saõ Paulo. Das ist so, als ob Bayern nicht Bayern, sondern ebenfalls München  hieße.

Ich bin also ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass der für den gestrigen Nachmittag geplante Besuch bei Siemens in einem Stadtteil namens Jundiai und nicht in einer 60 km entfernten Stadt stattfindet; den mussten wir dann auch u.a. aus Zeitgründen leider ausfallen lassen.

Und der heutige Besuch bei Volkswagen do Brasil um 9 Uhr morgens findet ebenfalls nicht im nichtexistenten Stadtteil Taubaté, sondern in der zweieinhalb Stunden entfernten Stadt dieses Namens statt.

Tja, wie heißt es so schön: shit happens. Das hieß denn auch Aufstehen um 4.30 Uhr und Abmarsch ohne Frühstück um 5.00 Uhr und deswegen sitzen wir jetzt im Bus. Gottseidank haben die Studenten mich nicht gesteinigt und machen das ziemlich klaglos mit, aber zusammen mit der organisatorischen Spontanität der Brasilianer bleibt das hier ziemlich spannend. Ich weiss auch bis heute nicht, ob und wann der Besuch bei MAN stattfindet. Na ja:  trotzdem tudo bem.

In dem Sinne

and if I don´t see You:
good afternoon, good evening and good night.

Horst-G. Lippold

 P.S. Wir sind mittlerweile in Itajuba angekommen und diese schöne Stadt mit ihren superfreundlichen Menschen gefällt allen ausgesprochen gut. Ach ja, und MAN hat spontan abgesagt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen